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profile_magazin_14_2015

64 Interview verlust vermieden wird. Das Charmante an diesem Kon- zept ist, dass dadurch nicht nur besonders nachhaltige, sondern auch werthaltige Gebäude entstehen, weil der Rohstoffwert der Materialien erhalten bleibt, wenn diese am Ende der Nutzungszeit nicht als Abfall verloren gehen. P R O F I L E : Weshalb wird das Thema »Recycling« auch in der Baubranche immer brisanter? M a r t i n L u t z : Auf kei- nem anderen Gebiet wird der ökologische, ökonomische und gesellschaftliche Druck stärker steigen als bei dem Umgang mit Ressourcen. Bei der mo- mentan schon existierenden Rohstoffknappheit, die sich in den kommenden Jahren immer weiter zuspitzen wird, sehen wir großes Potenzial für die Baubranche. In Zeiten, in denen sogar Sand bald so wertvoll sein wird, dass er vielleicht genauso wie Kupferleitungen oder Dachrinnen samt Fallroh- ren geklaut werden wird, sind wir davon überzeugt, dass wir reagieren müssen. Va l e n t i n B r e n n e r : Das Bauwesen ist mit fast 50% der größte Materialver- braucher und mit fast 60% größter Abfallproduzent. Für viele Betriebe der Baustoffin- dustrie ist die Rohstofffrage mittlerweile drängender als das Jahrhundertthema Ener- gie. Kupfer beispielsweise liegt in verbauter Form in ungefähr der gleichen Menge vor, wie es in den bekannten Mienen noch vorrätig ist. Studien zeigen, dass Aluminium, Stahl, aber auch Kunststoff nur etwa noch 50 bis 100 Jahre ausreichen. In Verbindung mit der zuneh- menden globalen Nachfrage wird dies langfristig eine über- inflationäre Preisentwicklung bewirken. Wir glauben, dass man Gebäude künftig als Roh- stoffdepots betrachten muss, im Sinne eines temporären Materiallagers, welches die verbauten Stoffe am Ende der Nutzungszeit wieder freigibt. P R O F I L E : Inwieweit lässt sich das C2C-Prinzip auf die Baubrache übertragen? M a r t i n L u t z : Ein Haus ist kein T-Shirt! Das bedeutet, ein Gebäude ist kein Einzel- produkt, sondern besteht aus Hunderten von Einzelteilen. Sicherlich werden die ers- ten C2C-Häuser noch nicht zu 100% aus C2C-Produkten gebaut werden, da es die- se momentan einfach noch nicht gibt. Aber wir streben an, diesen Prozentsatz ste- tig zu erhöhen. Wir starten nun mit ersten Projekten, die einen möglichst hohen C2C-Anteil haben – wir nen- nen diese Gebäude »inspired by Cradle to Cradle«. Wir sind davon überzeugt, dass wir in Kooperation mit der Indust- rie immer weitere Produkte schaffen werden, um diesen Prozentsatz stetig zu erhö- hen. So haben wir gemein- sam mit Schüco das Ziel, Cradle-to-Cradle-fähige Fas- sadenprodukte zu entwickeln und sind damit auch bereits gestartet. P R O F I L E : Wodurch zeichnen sich diese zertifizierten Produkte aus? Va l e n t i n B r e n n e r : Für Planer bietet ein C2C-Zertifikat eine wichtige Hilfestellung bei der Materialwahl. Cradle-to- Cradle-zertifizierte Produkte wurden bis ins kleinste che- mische Detail untersucht und als unbedenklich freigegeben. Darüber hinaus ist die Rezyk- lierbarkeit nachgewiesen und geregelt. P R O F I L E : Wird C2C den Planungs- und Bauprozess verändern? Va l e n t i n B r e n n e r : Auf jeden Fall! Der erste Schritt ist die Auswahl kreislauffähiger used is retained provided they are not lost as waste at the end of their use. P R O F I L E : Why is the subject of recycling also becoming more and more controversial in the con- struction industry? M a r t i n L u t z : In no other area will the environ- mental, economic and social pressure increase more sharp- ly than in the use of resour- ces. With the scarcity of raw materials that already exists and which will become more and more acute in the coming years, we see great potential for the construction industry. In times when sand will soon be so valuable that, like cop- per piping or guttering and downpipes, it might be sto- len, we are convinced that we have to react. V a l e n t i n B r e n n e r : The construction industry con- sumes the most material (almost 50%) and produces the most waste (almost 60%). For many businesses in the constructi- on industry, the issue of raw materials is more pressing than the subject of the cen- tury: energy. For example, in the mines which are known to us, there is about the same quantity of copper as there is copper which has been used in construction. Studies show that aluminium, steel and plas- tic will only last for about another 50 to 100 years. In relation to the life of a build- ing, the period for which many important building mate- rials will last is now short. In conjunction with increas- ing global demand, this will cause price rises to outpace inflation in the long run. We believe that in future it will be necessary to look at buildings as deposits for raw materials in the sense of a temporary material store, which releases the installed materials at the end of a building’s useful life. und schadstofffreier Materia- lien. Ein Gebäude entspricht allerdings nicht automatisch dem Cradle-to-Cradle-Prinzip, nur weil weitestgehend C2C- zertifizierte Produkte verwen- det wurden. Es kommt auch auf deren Verbindung an. Genau an dieser Schnittstelle der Fügetechniken ist noch sehr viel Innovation und Know-how erforderlich. Wir sehen uns dabei als Bindeglied zwischen Bauherr, Investor, Planer und Hersteller, um diese Prozesse weiter voranzubringen. Ein durchschnittlicher Hochbau hat einen Material- kostenanteil von etwa 20–30% der Bruttobaukosten. Die- sen Kostenblock nach der Nutzungsdauer zu verlieren, indem die Materialien auf die Müllkippe wandern, ist bedau- erlich – sowohl finanziell als auch ökologisch. Durch re- cyclingfähiges Konstruieren und C2C-Produkte werden die- se Materialien wieder nutzbar gemacht. Eine Neuerung im Planungsprozess ergibt sich aus der Flexibilität, die re- cyclingfähige Konstruktionen mit sich bringen. So muss zu Beginn darüber nachgedacht werden, welche Austausch- zyklen einzelne Funktionsteile eines Gebäudes wie Haustech- nik, Innenausbau oder Fassade haben, um diese dementspre- chend einzuplanen. Hier kom- men auch neue Geschäfts- modelle ins Spiel: Hersteller können ihre Materialien an den Kunden leasen oder eine Rücknahme garantieren, die einen Preisnachlass bei Neu- kauf bedeuten. Das Recycling wird für die Hersteller hoch interessant sein, da sie die eingesetzten Rohstoffe am Ende der Nutzungszeit wieder zurückbekommen. PROFILE: Damit Ge- bäude und Produkte nach ihrer Nutzungsdauer sorten- rein getrennt werden können, sollten die Systeme vermut- lich möglichst einfach sein. Plädiert C2C für Einfachheit?

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