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Anderes Produkt verbaut. Trotzdem kein Mangel?

Darf man ein ungeeignetes Produkt einfach durch ein anderes ersetzen oder entsteht dann ein Mangel? Rechtsanwalt Thorsten Albrecht klärt auf.

Immer wieder kommt es vor, dass im Vertrag Details geregelt sind, die nachher nicht so ausgeführt werden. Verbaut der Auftragnehmer beispielsweise ein anderes Produkt, als das in den Vertragsunterlagen benannte, sieht er sich in der Regel Mangelvorwürfen ausgesetzt. Zu Recht?


Entscheidend ist zunächst, ob das Ergebnis den gewünschten (Werk-)Erfolg bringt. Ist dies nicht der Fall, weil die ausgeführte Leistung nicht funktioniert oder nicht die gewünschten Eigenschaften aufweist, liegt ein Mangel vor.


Was aber gilt, wenn das ausgeführte Produkt funktioniert?


Das OLG Brandenburg hatte sich mit einem Fall zu beschäftigen. In diesem hatte der Auftragnehmer ein bestimmtes Produkt laut Leistungsbeschreibung auszuführen. Er verwendete aber ein anderes, weil das ursprünglich vorgesehene letztlich nicht geeignet war (Urteil vom 28.09.2023, Az. 10 U 21/23).


Grundsätzlich gilt: Ist eine bestimmte Beschaffenheit der Leistung zwischen den Vertragspartnern vereinbart, liegt ein Mangel vor, wenn abweichend ausgeführt wird. Ist der Unternehmer der Meinung, das Produkt sei nicht geeignet, hat er Bedenken anzumelden. Dann kann der Auftraggeber entscheiden, ob er das ungeeignete Produkt oder aber ein Alternativprodukt wünscht. Die Entscheidung enthaftet den Auftragnehmer für den Fall, dass der Auftraggeber auf der Ausführung des ungeeigneten Produkts besteht.

Bedenkenmeldung: § 4 Abs. 3 VOB/B

Hat der Auftragnehmer Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung (auch wegen der Sicherung gegen Unfallgefahren), gegen die Güte der vom Auftraggeber gelieferten Stoffe oder Bauteile oder gegen die Leistungen anderer Unternehmer, so hat er sie dem Auftraggeber unverzüglich – möglichst schon vor Beginn der Arbeiten – schriftlich mitzuteilen; der Auftraggeber bleibt jedoch für seine Angaben, Anordnungen oder Lieferungen verantwortlich.

Enthaftung bei Bedenkenmeldung: § 13 Abs. 3 VOB/B

Ist ein Mangel zurückzuführen auf die Leistungsbeschreibung oder auf Anordnungen des Auftraggebers, auf die von diesem gelieferten oder vorgeschriebenen Stoffe oder Bauteile oder die Beschaffenheit der Vorleistung eines anderen Unternehmers, haftet der Auftragnehmer. Es sei denn, er hat die ihm nach § 4 Absatz 3 obliegende Mitteilung gemacht.

Im entschiedenen Fall hatte der Unternehmer keine Bedenken angemeldet, sondern das Produkt durch ein geeignetes ersetzt. Kuriosität am Rande: der Auftragnehmer hatte den Auftraggeber vor Vertragsschluss beraten und das ungeeignete Produkt empfohlen.


Das OLG Brandenburg legte den Vertrag aus. Das Interesse des Auftraggebers liege vornehmlich darin, im Ergebnis den geschuldeten Erfolg, hier die Abdichtung eines Kellers, zu erreichen. Damit konnte der Auftragnehmer, „wie im Regelfall bei Werkverträgen, bei denen der geschuldete Erfolg im Vordergrund steht“, davon ausgehen, dass das Interesse der Bauherren dahin ging, ihren Keller erfolgreich abzudichten und nicht ein bestimmtes – im vorliegenden Fall ungeeignetes – Produkt zu verwenden.


Dies gelte im vorliegenden Fall besonders, weil mit dem im Vertrag benannten Produkt der gewünschte Erfolg nicht erreicht werden konnte. Indem das konkrete Produkt im Vertrag benannt worden sei, sei keine Beschaffenheitsvereinbarung geschlossen worden. Im Ergebnis führte die Verwendung des anderen Produkts daher nicht zu einem Mangel.


Anerkannte Regeln der Technik beachten


Eine weitere Kuriosität dieses Falls lag darin, dass der Auftragnehmer bei der Ausführung des anderen Produkts zudem gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstieß. Ein solcher Verstoß führt grundsätzlich zu einem Mangel. Ausnahmsweise ist dies dann nicht der Fall, so das OLG, wenn der Verstoß sich nicht nachteilig ausgewirkt hat und Gebrauchsnachteile nicht erkennbar sind (so auch OLG Stuttgart, Urteil vom 11.08.2005, Az. 19 U 55/05; OLG Nürnberg, Urteil vom 25.07.2002, Az. 13 U 979/02). Der Unternehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Verstoß gegen die Regeln der Technik sich nicht nachteilig ausgewirkt hat. Im entschiedenen Fall konnte der Unternehmer diesen Beweis führen und sich vom Mangelvorwurf vollständig entlasten.

Rechtsanwalt Thorsten Albrecht

Das Fazit


„Will der Unternehmer von den Vorgaben in den Vertragsunterlagen abweichen – aus welchem Grund auch immer, sollte er dies stets im Vorfeld gegenüber dem Auftraggeber kommunizieren“, rät Rechtsanwalt Thorsten Albrecht. Dann kann – und muss – dieser entscheiden, ob diese Ausführung gewünscht ist. Mit der Entscheidung trägt er dann auch die Folgen der festgelegten Art der Ausführung. Dann ist kein Raum für Mangelrügen. „Aber die Entscheidung zeigt, dass noch Licht am Ende des Tunnels ist, auch wenn der Auftragnehmer nicht ideal kommuniziert hat.“

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