Richard Neutra Haus

Restaurierung eines Originals von Richard Neutra

Das Haus Kemper in Wuppertal ist ein Wohnhaus mit Geschichte: Der berühmte Architekt Richard Neutra hat das Gebäude in den 1960er-Jahren entworfen und ist bei einem Besuch des Hauses im Jahr 1970 auch hier verstorben. Die neuen Eigentümer setzten alles daran, das Haus Kemper in seinen Originalzustand zurückzubauen und so die Stilikone aus den 70ern wieder auferstehen zu lassen.

Details zur Referenz

Gebäudetyp Einfamilienhaus
Produktbereiche Schiebetüren
Merkmale Sanierung Design und Ästhetik Außergewöhnliche Architektur Bekannte Gebäude
Standort Wuppertal, Deutschland
Fertigstellung 2021
Architekten -
Fachbetrieb Alubau Puhlmann GmbH & Co.KG
Bildnachweis www.frankpeterschroeder.com

Ursprünglichkeit im Fokus

Die Restaurierung war ein Abenteuer, aber seit Sommer 2021 erstrahlt Haus Kemper in Wuppertal endlich wieder im originalen Glanz: mit einem offenen Raumkonzept, das – ganz in der Manier des Meisterarchitekten – auf Transparenz und Spiegelungen setzt und die Grenzen zwischen Innen- und Außenbereich aufzulösen scheint. Die ursprüngliche filigrane Optik der für Neutra typischen Glasfronten mit den heutigen statischen Anforderungen in Einklang zu bringen, war eine Herausforderung, der sich die Firma Alubau Puhlmann in enger Zusammenarbeit mit Schüco gerne stellte.

Nahaufnahme einer Facid Fassade von Schüco in der Farbe Grau

Hautnah dabei

Die Nachricht, dass Haus Kemper in Wuppertal zum Verkauf stehe, schlug 2015 hohe Wellen in der weltweiten Neutra-Fangemeinde. Den Zuschlag bekam ein Mann mit einem Händchen für rare Schätze: Manfred Hering, Inhaber von Early 911s, einer Manufaktur für die originalgetreue Restaurierung alter Porsches. Gemeinsam mit seiner Frau Sarah zog er gleich zu Beginn der Restaurierung ein, als ihr frisch erworbenes Haus noch eine Baustelle war. „Wir haben mit unseren drei Hunden nur in einem Raum gelebt, in dem ein Bett stand“, erzählt Sarah Hering. „Wir haben einen Bereich fertiggemacht und uns dann einem neuen zugewendet. So haben wir uns das Haus zu eigen gemacht.“

„Spider Legs“ und „Reflection Pools“

Heute sitzen die Herings gerne im großen, lichtdurchfluteten Wohnzimmer und genießen den Blick in die Weite des parkähnlichen Grundstücks. Seine „biorealistische Architektur“, die Mensch und Natur eng verbindet, hat Neutra auch bei Haus Kemper meisterhaft umgesetzt: Innen- und Außenraum scheinen durch bodentiefe Glasfronten, Fensterbänder und großflächige Spiegel ineinanderzufließen. Die typisch Neutra’schen „Spider Legs“ – in den Außenraum versetzte Tragstützen – lösen das statische Gerüst von der Fassade und erzeugen den Eindruck, das Haus ginge nahtlos in die umliegende Grünfläche über. Ineinander verschachtelte Ebenen mit Dachflächen und Terrassen bestimmen das Bild ebenso wie die flachen Wasserbecken, „Reflection Pools“ genannt, die den Himmel und das umliegende Grün an die Decke der Wohnräume spiegeln.

Zeitintensive Spurensuche

Bei der Übernahme war die Architekturikone wegen teils drastischer Umbaumaßnahmen der Vorbesitzer weit entfernt von ihrem Originalzustand im Jahr 1967. „Das Haus hatte seine Seele verloren. Als wir es kauften, sah es aus wie ein belgisches Landhotel“, so Manfred Hering. Das Paar analysierte alte Baupläne, studierte Fotos in Neutra-Büchern und durchstöberte das Archiv des Künstlerpaares Schmölz, das in den 60ern viele Neutra-Objekte fotografiert hatte. Auch anhand des Neutra-Hauses Pescher, ebenfalls in Wuppertal, bekamen sie mit der Zeit ein Gefühl für Farben, Materialien und die ursprüngliche Geometrie der Flächen und Glaselemente.

Nahaufnahme einer Facid Fassade von Schüco in der Farbe Grau

Neutras Glasfronten nachempfunden

Das Problem: Die ursprünglichen Neutra-Glasfronten hatten eine sehr feine, leichte Optik, mussten aber nun aktuellen Konstruktions- und Sicherheitsnormen entsprechen. Vor allem Statik, Abdichtung und Verriegelung warfen hier kniffelige Fragen auf. Um trotz der Statik, die für die großdimensionierten Glaselemente erforderlich war, ein Auf- und Zuschieben mit sehr fragil anmutenden Griffen in originaler Optik zu ermöglichen, entstand auf Basis des Schüco Systems ASS 48 eine zweifach verglaste Sonderkonstruktion mit einer zweigleisigen Ausführung der Schiebeelemente.

Innovative Wege für bestes Ergebnis

Eigens für das Schiebesystem wurden neue Verhakungs- und Mittelpunktprofile entwickelt. Die fast kunstvollen Details der Griffe wurden im 3D-Druck rekonstruiert. Nur die vereinte Manpower des Metallbauspezialisten Alubau Puhlmann und des Entwicklungsteams von Schüco brachte das Projekt schließlich auf den Weg. „Wir mussten mehrere Muster- und Sonderprofile pressen lassen, bis Optik, Technologie und Bedienkomfort zusammenpassten“, erläutert Josef Heisterkamp, Betriebsleiter beim Verarbeiter Alubau Puhlmann, „aber das Ergebnis war den Aufwand wert.“

Nahaufnahme einer Facid Fassade von Schüco in der Farbe Grau

Beeindruckende Transparenz

Richard Neutra wäre sicher begeistert gewesen von den neuen Schiebetüren und Glaswänden im Haus Kemper. Mit fast vollständig in den Baukörper integrierten Blendrahmen, schlanken Verhakungsbereichen sowie verdeckt liegenden Beschlägen besitzen sie eine fast durchgehende Transparenz. Die gesamte Restaurierung des Hauses war ein langwieriger Weg über fünf Jahre. Würden die Herings im Rückblick trotzdem wieder so detailbewusst vorgehen? Ja, denn darüber ist sich das Ehepaar einig: „Das Ergebnis wäre niemals so authentisch geworden, wenn wir es nicht genau so gemacht hätten.“