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Abnahme leicht gemacht?

Neuere Regelungen im Bauvertragsrecht: So erreichen Verarbeiter leichter eine Abnahme ihrer Leistung.

Der Schlüssel, der den Weg zur Abnahme eröffnet, ist die Abnahmeaufforderung. Der Auftragnehmer setzt dem Auftraggeber mit Fertigstellung seiner Leistungen eine Frist zur Abnahme – in der Regel beträgt diese zwei Wochen.


Frist abgelaufen, Leistung abgenommen?


Reagiert der Auftraggeber nicht und lässt er die Frist verstreichen, ist mit Fristablauf die Abnahme eingetreten. Das ist die sogenannte fiktive Abnahme nach § 640 Abs. 2 BGB.

Verweigert der Auftraggeber innerhalb der Frist die Abnahme, kommt es auf seine Begründung an. Nur wenn er mindestens einen Mangel behauptet, verhindert er, dass die Abnahmewirkung eintritt. Erklärt er dagegen die Abnahme grundlos nicht, gilt die Leistung als abgenommen.

Vorsicht bei Verbraucherverträgen: Hier muss mit der Abnahmeaufforderung auf die Folgen der Fristversäumnis hingewiesen werden.

Keine Rolle spielt es, ob der behauptete Mangel wesentlich oder unwesentlich ist. Der Gesetzgeber hat sich dazu entschieden, hier nicht zu differenzieren, um eine klare Abgrenzung zu ermöglichen: Mangel gerügt – keine Abnahme, kein Mangel gerügt – Abnahme.

Dabei genügt es, wenn der Auftraggeber ein Mangelsymptom angibt. Er muss den Mangel lediglich so bezeichnen, dass der Auftragnehmer den Mangel nachvollziehen und verorten kann. Die Mangelursache muss er dagegen nicht angeben.

Im Gegensatz zur Rechtslage bis 2017 kommt es auch nicht mehr auf die Abnahmereife an. Maßgeblich ist allein die Fertigstellung.

Diese Regelung gilt auch für VOB/B-Verträge.



Fiktive Abnahme nach § 640 Abs. 2 BGB – Voraussetzungen 
– Fertigstellung
– Abnahmeaufforderung mit angemessener Frist (in der Regel zwei Wochen)
– Bei Verbrauchern: Hinweis auf die Folgen des Fristablaufs
– Keine Abnahmeverweigerung unter Angabe mindestens eines Mangels

Sticht die förmliche die fiktive Abnahme?


In den meisten Bauverträgen ist die förmliche Abnahme vereinbart. Hieraus wird insbesondere auch von der Rechtsprechung abgeleitet: Wenn eine förmliche Abnahme vereinbart ist, ist eine fiktive Abnahme damit ausgeschlossen. Dieses Verständnis bezieht sich aber auf die fiktive Abnahme nach § 12 Abs. 5 VOB/B, wo es heißt:

Wird keine Abnahme verlangt, so gilt die Leistung als abgenommen mit Ablauf von zwölf Werktagen nach schriftlicher Mitteilung über die Fertigstellung der Leistung.

Eine Aussage über die fiktive Abnahme im BGB ist damit dagegen nicht getroffen.


Fiktive Abnahme ausgeschlossen durch AGB?


Mit der Baurechtsreform wurde § 640 Abs. 2 BGB neu gefasst. Gelegentlich sehen Bauverträge vor, dass die fiktive Abnahme generell oder die fiktive Abnahme nach § 640 Abs. 2 BGB ausgeschlossen ist. Es handelt sich um vorformulierte Klauseln, also Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB).

Diese unterliegen einer Inhaltskontrolle. Klauseln sind dann unwirksam, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen, wovon auszugehen ist, wenn die Klausel vom gesetzlichen Leitbild abweicht (§ 307 Abs. 2 BGB).

Nach mehrheitlicher Auffassung in der Rechtsliteratur ist die Regelung der fiktiven Abnahme in § 640 Abs. 2 BGB gesetzliches Leitbild. Folglich kann diese nicht wirksam durch vorformulierte Vertragsklauseln ausgeschlossen werden – weder im VOB/B- noch im BGB-Vertrag.

Entsprechend kann die gesetzliche fiktive Abnahme auch nicht indirekt dadurch ausgeschlossen werden, dass der vorformulierte Vertrag eine förmliche Abnahme vorsieht.

Ungeachtet der vertraglichen Regelung und ob eine förmliche Abnahme vereinbart ist, findet daher § 640 Abs. 2 BGB Anwendung.


Porträt

„Eine Abnahmeerklärung zu erhalten, wird mit den neueren Regelungen nicht zum Selbstgänger. Es eröffnen sich aber weitergehende und effektivere Möglichkeiten für Abnahme und Gefahrübergang. Wenn der Unternehmer diese konsequent nutzt, wird sich in vielen Fällen seine rechtliche wie auch seine Verhandlungsposition deutlich verbessern.“ 

Thorsten Albrecht, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Weiss Weiss Rechtsanwälte aus Hollenstedt

Der Auftraggeber verweigert die Abnahme – und dann?


Was aber tun, wenn der Auftraggeber (unberechtigt) unter Angabe eines Mangels verweigert?

Er gerät in Verzug mit der Abnahme, der Gefahrübergang tritt ein (§ 644 Abs. 1 S. 2 BGB).

Entscheidend ist, dass der Zustand der Leistung im Zeitpunkt feststeht, zu dem die Abnahme zu erklären war: also mit Ablauf der Frist zur Abnahmeerklärung. Nur dann kann eine Abgrenzung erfolgen zu Beschädigungen oder Verschlechterungen, welche erst nach Abnahme eingetreten sind.

Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn die fiktive Abnahme greift. Auch dann sollte der Zustand dokumentiert werden.

Für den Fall der Abnahmeverweigerung kann der Unternehmer verlangen, dass eine gemeinsame Zustandsfeststellung durchgeführt wird. Darauf hat er nach § 650g BGB einen Anspruch. Bleibt der Auftraggeber dem Termin unentschuldigt fern, kann der Auftragnehmer die Feststellung einseitig durchführen.

Für den Fall der fiktiven Abnahme besteht dagegen kein Anspruch auf gemeinsame Zustandsfeststellung. Hier empfiehlt es sich, eine solche in jedem Fall durchzuführen und den Auftraggeber dazu einzuladen. Anschließend sollte unmittelbar die Dokumentation an diesen übermittelt werden.

Zu berücksichtigen ist ferner, dass nach der Rechtsliteratur im Falle einer endgültigen Abnahmeverweigerung die Wirkungen der Abnahme eintreten, wenn der Auftraggeber die Abnahme zu Unrecht verweigert, weil kein wesentlicher Mangel vorliegt. Im Falle einer vorläufigen Abnahmeverweigerung verbleibt es bei den oben genannten Folgen.

Gesetzesgrundlagen

§ 640 Abs. 2 BGB: 
Als abgenommen gilt ein Werk auch, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat. Ist der Besteller ein Verbraucher, so treten die Rechtsfolgen des Satzes 1 nur dann ein, wenn der Unternehmer den Besteller zusammen mit der Aufforderung zur Abnahme auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme hingewiesen hat; der Hinweis muss in Textform erfolgen. 


§ 650g Abs. 1 und 2 BGB: 
Verweigert der Besteller die Abnahme unter Angabe von Mängeln, hat er auf Verlangen des Unternehmers an einer gemeinsamen Feststellung des Zustands des Werks mitzuwirken. Die gemeinsame Zustandsfeststellung soll mit der Angabe des Tages der Anfertigung versehen werden und ist von beiden Vertragsparteien zu unterschreiben.Bleibt der Besteller einem vereinbarten oder einem von dem Unternehmer innerhalb einer angemessenen Frist bestimmten Termin zur Zustandsfeststellung fern, so kann der Unternehmer die Zustandsfeststellung auch einseitig vornehmen. Dies gilt nicht, wenn der Besteller infolge eines Umstands fernbleibt, den er nicht zu vertreten hat und den er dem Unternehmer unverzüglich mitgeteilt hat. Der Unternehmer hat die einseitige Zustandsfeststellung mit der Angabe des Tages der Anfertigung zu versehen und sie zu unterschreiben sowie dem Besteller eine Abschrift der einseitigen Zustandsfeststellung zur Verfügung zu stellen.

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