Was suchen Sie?
...
Aus der Praxis

Design-Ikone mit moderner Technik

Kalifornien? Beim ersten Blick auf das Gebäude und den ausladenden Garten könnte der Betrachter meinen, er sei in Amerika: Die Architektur verschmilzt mit der Natur – offene Raumkonzepte und große Glasfronten zeichnen sie aus. Dabei steht das Haus Kemper von Richard Neutra in Wuppertal. Den Bauherren war wichtig, das Gebäude originalgetreu zu restaurieren. Bei den Arbeiten dabei: Alubau Puhlmann. Der Schüco Partner setzte unter anderem großflächige Schiebeelemente von Schüco ein.

„Als ich das Objekt zum ersten Mal angesehen habe, war klar: Das ist nicht mal eben so gemacht. Das wird eine größere Aktion“, erinnert sich Josef Heisterkamp, Betriebsleiter bei Alubau Puhlmann in Rhede. „Aber ich weiß: Wenn wir uns um etwas kümmern, dann können wir das auch.“


Insgesamt hat es fünf Jahre gedauert, bis das Haus Kemper wieder in seinem ursprünglichen, eleganten Baustil glänzen konnte. Das Team von Alubau Puhlmann war mit dem Bauvorhaben etwa ein Jahr beschäftigt. Die Anforderungen waren hoch: Schließlich gab es über die Zeit einige Umbaumaßnahmen am Gebäude. Als eines der wenigen europäischen Bauten des Stararchitekten Richard Neutra galt es, den Bau möglichst originalgetreu wieder herzustellen und mit moderner Technik auszustatten. Die Bauherren, Manfred und Sarah Hering, betreiben in Wuppertal eine Manufaktur für die Restaurierung klassischer Porsche: Early 911S e.K. Ihre Philosophie ist es, historische, luftgekühlte Porsche bis zum Baujahr 1998 im technischen Zustand 1 zu erhalten, also in einem makellosen Zustand ohne Mängel und Beschädigungen. Manfred und Sarah Hering setzen auf die Schönheit dieser Fahrzeuge – bis ins kleinste Detail. Die Bauherren kennen sich also damit aus, was es bedeutet, ein Objekt originalgetreu zu restaurieren. Und genau das war ihre Vorgabe beim Haus Kemper.



Der Bau bot zahlreiche Überraschungen

„Zur Rekonstruktion des Gebäudes lagen alte Pläne und Fotos vor“, berichtet Josef Heisterkamp. „Es gab immer wieder Abbrucharbeiten, die uns überrascht haben. Mal tauchte hier eine Säule auf, mal gab es dort ein unerwartetes Bauteil.“ Schlussendlich hat das dazu geführt, dass das Team fassadenweise vorgegangen ist – also eine Fassade nach der anderen in Angriff genommen hat: „Erst kamen die Abbrucharbeiten, dann haben wir das Aufmaß gemacht und die Fenster geplant.“

In der ursprünglichen Form bestachen die Glasfronten durch eine feine, leichte Optik. Dies sollte so bleiben beziehungsweise wieder so werden – und dennoch sollte die Konstruktion modernen Anforderungen an Statik, Wärmedämmung und Sicherheit entsprechen. „Ein serienmäßiges System passte nicht zu den Gestaltungswünschen. Das hieß, wir mussten individuelle Profile herstellen“, sagt Josef Heisterkamp. „Wir haben die Kosten grob umrissen – und dem Bauherren war es den Aufwand wert.“

„Klar, das Bauvorhaben ist eine tolle Referenz für uns. Sicher werden wir es künftig für unser Marketing einsetzen. Schließlich haben wir hier viele Überlegungen und Arbeit hereingesteckt, das ist kein alltägliches Objekt. Die Resonanz auf das Gebäude ist gut und am Ende ist es herausragend geworden. Wir sind sonst viel im Objektgeschäft tätig, in dem es natürlich auch auf die Zeit ankommt: Das Haus Kemper ist mit diesen Aufträgen nicht vergleichbar.“

Josef Heisterkamp, Betriebsleitung Alubau Puhlmann GmbH & Co. KG, Rhede

Schiebeelemente manuell mit filigranen Griffen zu bedienen

Als Vorlage für die neu anzufertigende Glaselemente dienten noch erhaltene Originalfenster. Dazu entwickelten Mitarbeiter von Puhlmann und Schüco auf Basis des Schüco Systems ASS 48 eine Sonderkonstruktion, mit der sich die neuen Schiebeelemente auch mit filigranen Griffen bewegen lassen. „Eine andere Aufgabe war, die Blendrahmenanteile im System Systems ASS 48 deutlich zu reduzieren.“ Die Monteure von Puhlmann fertigten große Rahmen und nutzten frei verschiebbare Flügel. „Wir haben die Elemente so konstruiert, dass sie auch in einer Lüftungssituation verriegelbar sind, etwa wenn der Flügel 10 cm geöffnet ist. Schließlich soll keiner die Fenster von außen öffnen können.“ Die kleinen Griffe mit den Druckknöpfen galt es ebenfalls, möglichst originalgetreu nachzubilden.

Bei der Verhakung der Fensterflügel war die Abdichtung wichtig. Sie sollten von beiden Seiten zu verschließen und zu verhaken sein. Um diese Aufgaben zu lösen, hat Schüco im 3-D-Druck-Verfahren Muster erstellt: Techniker rekonstruierten Details der Griffe und entwickelten Verhakungs- sowie Mittelpunktprofile.


Kontaktlose Stromüberträger für die Verriegelung integriert

Auch das Thema Sicherheit wird bei dem Bauvorhaben großgeschrieben. Schlägt jemand ein Glas kaputt, löst das Alarmsystem aus, weil sich der Widerstand in der Beschichtung der Scheibe ändert. Bei frei verschiebbaren Fensterflügeln lassen sich Kabel allerdings nicht wie bei anderen Systemen verdeckt liegend im Drehpunkt überführen. Und so kamen kontaktlose Stromüberträger zum Einsatz. Die Mitarbeiter von Alubau Puhlmann frästen in der Fertigung Platz für die Stromübergabeträger in die Profile. „Das war keine ganz einfache Sache. Wir mussten viel experimentieren, um die optimale Position zu finden. Meine Kollegen aus der Werkstatt haben tolle Arbeit geleistet. Sie haben eine Menge Input geliefert und ausprobiert. Sei es bei der Verhakung, der Stromübertragung oder der Alarmtechnik – das muss ja alles 100prozentig funktionieren.“


Zuschnittlisten und Glasmaße manuell eingegeben

Bei der Ausführung der Systeme hat auch die Statik eine Rolle gespielt. Schließlich gibt es heute andere Anforderungen als in den 60er-Jahren. „Wegen der Optik haben wir die Schiebeelemente mit schlanken Profilen zweigleisig und mit Zweifachverglasung ausgeführt, haben also auf die sonst übliche Dreifachverglasung verzichtet“, sagt Josef Heisterkamp. Eine weitere Besonderheit bei dem Objekt war, dass das Team von Alubau Puhlmann nicht die übliche Fensterbausoftware einsetzen konnte. „Die Pläne haben wir zwar digital erstellt – dennoch mussten Zuschnittslisten und Glasmaße manuell eingegeben und berechnet werden. Das Objekt ist also in sehr vielen Punkten eine echte Handarbeit.“

Das Haus Kemper, Wuppertal
Architekt: der Österreicher Richard Neutra. Mit modernistischen Wohnhäusern prägte er den kalifornischen Architekturtraum der 1950er bis 1960er Jahre.
Planung und Bau: 1961 bis 1967
Restaurierung: 2016 bis 2021

Mehr Informationen zum Objekt gibt es im Magazin Panorama Ausgabe 3/21 unter
https://www.schueco.com/de/privatkunden/inspiration/schueco-magazin-panorama,
unter https://www.schueco.com/de/verarbeiter/referenzen/richard-neutra-haus-3867
und zu Alubau Puhlmann unter https://www.alu-fassadenbau.de/