LUI HOUSE in Herford: Die gebaute Visitenkarte
Architekt Karsten Monke hat mit dem LUI HOUSE seine Vision von modernem, zukunftsfähigem Arbeiten umgesetzt. So entstand in Herfords innovativem MARTa Quartier ein Kreativzentrum, so vielfältig wie sein Architekt, der Bauleiter, Innenarchitekt und Bauherr zugleich war. Eine Geschichte über nachhaltiges Bauen, Haltung und persönliche Werte, die in das innovative Objekt geflossen sind.
Man könnte meinen, dass mit dem viergeschossigen, orangeroten Ziegelbau das entscheidende Puzzlestück geformt wurde, welches das Herforder MARTa Quartier vervollständigt. Wie selbstverständlich fügt sich das würfelförmige Gebäude in das Spannungsfeld zwischen MARTa Museum, Elsbach Haus, der historischen Rubensfabrik und dem Steigenberger Intercityhotel, welches ebenfalls von Karsten Monke geplant wurde. Dass das LUI HOUSE mit seiner Materialität und Farbigkeit im Kontext zu seinen Nachbarn steht, ist natürlich kein Zufall. Und dennoch erzählt jedes Element an und im Gebäude eine ganz eigene Geschichte: Seine Geschichte.
Karsten Monke im Interview
„Ein Architekt sollte nie sein eigenes Haus bauen …
… da er womöglich niemals damit fertig wird. Man muss sich unter enorm vielen Einflüssen entscheiden.“ Architekt Karsten Monke weiß, wovon er spricht. Fertig geworden ist er mit seinem LUI HOUSE dennoch: In sportlichen 18 Monaten von der Planung bis zu Fertigstellung der 2.000 Quadratmeter Grundfläche – samt Interieur. Doch in den anderthalb Jahren hat Monke neben der Arbeit ebenso viel Freizeit, Energie und Herzblut in die Umsetzung seiner Vision gesteckt. „In der Zeit haben mich meine Kinder nur noch mit SIE angesprochen“, scherzt der gebürtige Herforder. Der entscheidende Zeitvorteil bestand allerdings darin, dass Monke Bauherr, Architekt, Bauleitung und Innenarchitekt zugleich war – ohne komplizierte Bauherren-Abstimmungsrunden.
Lebendigkeit als Gesamtkonzept
Die Vision für das Bürogebäude entstand bereits in den ersten Wochen der Planungsphase: Statt klassischem Bürokomplex mit festen Mietern, sollte mit dem LUI HOUSE ein lebendiger Ort entstehen, an dem unterschiedliche Menschen und Branchen zusammenkommen. Die eigentlichen Arbeitsbereiche wurden auf das Wesentliche reduziert. Stattdessen wurden Konferenzräume ausgelagert, Co-Working Büros und ein Creative Lab für Workshops, Trainings oder Betriebsveranstaltungen geschaffen. Die mit modernster Medien- und Konferenztechnik ausgestatteten Räume können von anderen Unternehmen und Selbstständigen gebucht und (mit-)genutzt werden – also nur dann, wenn sie benötigt werden. Leerstand und ungenutztes Kapital werden so vermieden.
Abgerundet wird das „New Work“-Konzept durch die multifunktionale Lobby z.B. für intime Konzerte mit bis zu 250 Personen sowie das öffentliche Café. „Die Gastronomie verbindet das Innen mit dem Außen: Sie bedient die Menschen, die intern arbeiten, tagen und workshoppen genauso wie die von außerhalb, die auf der Südterrasse ihren Kaffee mit Blick auf den neuen Boulevard genießen wollen“, so Monke.
Kompromisse sind keine Lösung
Das Thema Lebendigkeit zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Bauprojekt. Genau wie die Detailverliebtheit des Bauherren. Die Konsequenz zeigt sich im Fassadenstein, der nicht klassisch, sondern mit sichtbaren Mörteltaschen vermauert wurde. Die Inspiration, dem Haus mit ausformulierten Steinen eine spannende Oberfläche zu geben, gab ihm ein Gebäude-Ensemble auf einer privaten Kopenhagenreise. Mithilfe seines persönlichen „Backsteinpapstes“, dem Kölner Backstein-Kontor, hat Monke eine kleine Ziegelei im Süden Dänemarks ausfindig gemacht, die solche Steine traditionell herstellt. „Schließlich habe ich mit dem Produktionsleiter herumexperimentiert und unseren jetzigen Handstrichziegel entwickelt. Ich wollte unbedingt eine farbige Lebendigkeit in den Stein bekommen – diese Schwarzfärbung haben wir über eine Manganeinstreuung gelöst.“ Als wäre das nicht spannend genug, sollte die Fassade des LUI HOUSE nur aus ganzen Klinkern entstehen: „Jedes Fenster, jede Brüstungshöhe, jede Sturzhöhe musste sich dem krummen dänischen Klinkermaß unterordnen. Somit haben wir nahezu jedes Detail und jeden Stein an diesem Haus zuvor gezeichnet“. Um zu prüfen, ob die Formate aufgehen, hat Karsten Monke in der Rohbauphase die ersten Musterwände selbst geklinkert.
Umfunktionieren und kreativ werden – das musste der Herforder Architekt ebenfalls für die Deckengestaltung, die sich nun durch das gesamte Gebäude zieht. Nach seiner Vorstellung musste die abgehängte Decke die Kühlung der Betonkernaktivierung durchlassen, akustisch wirksam und architektonisch ansprechend sein und zu guter Letzt über ihre Lochung die Feuchtluft absaugen können. Die gab der Markt so nicht her. Somit hat Monke hier ebenfalls sein eigenes Produkt entwickelt, einen Hersteller von Holzverbundwerkstoffplatten hinzugezogen, ein Lochbild entworfen und dieses von der Tischlerei hineinfräsen lassen.
Das Spiel mit Highlights und Inszenierungen
Neben der Akustik spielt für Monke das Lichtkonzept eine bedeutende Rolle: „Mit Licht kann man Architektur extrem unterstützen und in Szene setzen. Man kann sie aber auch kaputt machen, wenn man – wie im Autohaus – alles gleichmäßig ausleuchtet.“ Das gesamte Gebäude ist mit Occhio-Leuchten bestückt, die über eine smarte Lichtsteuerung zu bedienen sind. Über eine Software wurden für jede Etage charakteristische Szenen einprogrammiert, die auf jeden Raum – je nach Bedürfnis, Tages- oder Jahreszeit – Einfluss nehmen können. Mit dem iPad sowie über Gestiksteuerung lassen sich Lichtfarben ändern, die Beleuchtung dimmen oder faden. „Licht braucht Schatten, um einen Raum wirken zu lassen“, so der Profi.
Doch im LUI HOUSE wirkt noch viel mehr. Funktionales wird kunstvoll inszeniert, so ist z.B. mit der internen Treppe eine Skulptur im Raum geschaffen worden. Bestehend aus einem gänzlichen Stahlkörper, verbindet sie das Erdgeschoss mit dem ersten Obergeschoss, dem Co-working-Space – ohne den Boden zu berühren. „Die schwebende Treppe ist nur 80 Zentimeter schmal, die Wände sind vollständig aus Stahl. Die psychologische Wirkung beim Aufstieg ist nicht zu unterschätzen.“
Auch wenn Monke den Begriff klassisch scheinbar aus seinem Wortschatz streichen möchte: Es geht ihm nicht darum, „das Rad immer neu zu erfinden“, sondern aus vorhandenen, natürlichen Roh- und Wertstoffen mehr herauszuholen. Sie auf neue Art und Weise zu interpretieren oder auf unkonventionelle Art zu verarbeiten und anzuordnen.
Nachhaltig: Ökologisch und wirtschaftlich
Das LUI HOUSE ist – bis auf den Trinkwasseranschluss – komplett energieautark und als nachhaltiger Baukörper ein Vorzeigeprojekt für den Kreis Herford und Ostwestfalen. Die große Photovoltaikanlage auf dem Dach deckt den gesamten Strombedarf des Gebäudes – sowohl für die smarte Beleuchtung auf allen Etagen, die technische Ausstattung als auch die zwei Wärmepumpen. Diese sind an eine Tiefengeothermieanlage mit elf Bohrungen in jeweils 100 Metern Tiefe angeschlossen. Die Be- und Entlüftung erfolgt mithilfe der Wärmerückgewinnung über Fußböden und Decken, Dusch-WCs tragen dazu bei, den Toilettenpapierverbrauch zu reduzieren.
Doch ist das energetische Konzept auch wirtschaftlich nachhaltig? „Viel zu wenige Architekten und Bauherren machen sich Gedanken über die Lebenszykluskosten“, so Monke. Doch ca. 80 Prozent der gesamten Kosten, die während eines „Gebäudelebens“ aufkommen, entstehen erst nach Fertigstellung der Immobilie. Somit hat die Wahl der Materialien einen wesentlichen Einfluss darauf, wie sich die Unterhaltungs- und Instandsetzungskosten verhalten. „Und diese sind fast nur im Planungsprozess beeinflussbar. Das Thema Cradle to Cradle ist heute in aller Munde, sollte aber eine Selbstverständlichkeit statt nur Modethema sein.“ Bei diesem Projekt spielt es die entscheidende Rolle.
Ehrlich währt am längsten
Dass Karsten Monke vor dem Architekturstudium unter anderem Ausbildungen zum Dachdecker und Hochbautechniker absolviert hat, macht sich in der Bauplanung und dessen Umsetzung deutlich bemerkbar: „Natürlich gehe ich Dinge praktischer an und bewerte Baustoffe anders. Die Komplexität des Bauens und das Verständnis dafür, wie sich Materialien am Bau fügen, welche Möglichkeiten ein Handwerker hat – das fehlt Kollegen, die ein rein theoretisches Studium durchlaufen.“ Doch die handwerkliche Expertise und sein familiärer Hintergrund, der dem Bau- und Ingenieurswesen entspringt, haben ebenso Monkes Haltung zur Architektur geprägt: „Heutzutage kauft man Fliesen in der Optik eines Parkettbodens – da habe ich kein Verständnis für.“ Ebenso wenig für den Einsatz von Kunststoffprodukten, damit das Material sich optisch nicht verändert. „Ist ein Kunststoff beschädigt, sieht er kaputt aus. Hat aber ein echtes Material eine Macke, eine altersbedingte Verfärbung oder Oberflächenveränderung, macht das seinen besonderen Charakter aus. Materialen dürfen, genau wie wir, in Würde altern.“
Diesen Leitsatz konnte Karsten Monke in seinem LUI HOUSE verewigen und verbaute nur „ehrliche“, natürliche Materialien, die handwerklich verarbeitet wurden. Der moderne und robuste Sichtestrichboden bestätigt diese Architektursprache nochmal, genau wie die roh verputzten Wände. Diese sind bewusst ungestrichen, um die Lebendigkeit des Materials bestehen zu lassen: „Die Wände wurden lediglich transparent beschichtet, damit sie nicht absanden. Die natürliche Wolkigkeit des Kalkzementputzes ist geblieben. Das Unperfekte unterstreicht das Gesamtbild hervorragend.“
Bella Ciao!
Das Interieur hat der Architekt ebenfalls selbst ausgewählt und konzipiert. Auch dabei legt er ungemeinen Wert auf individuelle Stücke, hochwertiges Handwerk und Charakter. Karsten Monke verleiht Modernem mit Traditionellem eine besondere Note und damit den Dingen eine Unverkennbarkeit. Dabei hat jeder Eyecatcher im Haus (mindestens) eine Funktion – selbst hier verbirgt sich kein ungenutztes Kapital.
Beim Betreten des hauseigenen Cafés fällt sofort ein weiteres Herzstück ins Auge: Eine italienische Ape C aus dem Jahr 1960, welche – umgebaut zur Kaffeetheke – liebevoll integriert wurde. Der dreirädrige Kleintransporter verfolgte Monke bereits viele Jahrzehnte durch seine Italienreisen: Bei der Planung seines Cafés kam ihm ein Stand der italienischen Möbelmesse „Salone del Mobile“ ins Gedächtnis, der ebenfalls einen Kabinenroller mit Ladefläche und Espressomaschine bestückt hatte. Für den Architekten durfte es jedoch kein Exemplar sein, welches man an jeder Straßenecke findet: Es sollte ein Oldtimer im Originalzustand werden, ein besonderes Stück. So besonders, dass er nur drei Exemplare in Europa fand. Eines davon durfte schließlich einziehen, nachdem Monke damit noch höchstpersönlich durch Herfords Straßen zur Tischlerei geknattert ist.
Die große Affinität zu Italien (die für Monke beim Wein anfängt und bei der Kleidung aufhört,) kam mit seinem Start in die Selbstständigkeit, als er noch Showrooms für vier italienische Möbelhersteller plante. So steckt selbst in der Namensgebung für das LUI HOUSE ein Hauch Italien: „Da dieses Gebäude auch mein Baby ist, verkörpert das Wortgebilde „Lui“ (italienisch = er) beides: Mich als Person und natürlich die Ableitung der Luisenstraße.“ Ein Charakterhaus durch und durch.
Details zur Referenz
Gebäudeart | Büro und Business |
Produkte | Türen, Schiebetüren, Fassaden, Fenster, Sicherheit |
Serien | AD UP 75, ASE 67 PD, FWS 50.SI, AWS 75.SI+, ADS 80 FR 30 |
Standort | Herford, Nordrhein-Westfalen |
Start Planung | Juli 2019 |
Baubeginn | Oktober 2019 |
Fertigstellung | Dezember 2020 |
Architekten | archwerk GmbH |
Fachbetrieb | ALUBA Aluminiumbau GmbH & Co.KG |
Bildnachweis | © Schüco International KG |
Inspiration zur Referenz
Als angemeldeter Nutzer haben Sie Zugang zu Ihrem persönlichen Arbeitsplatz.
- Inhalte merken
- Arbeitsmaterial (z.B. Ausschreibungstexte, BIM-Objekte, CAD-Daten, techn. Dokumentationen) herunterladen
- Software & Tools
- Persönlicher Kontakt