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Es könnte ein ganz normaler Büro-Neubau sein, mit großen Glasfassaden, einem luftigen Eingangsbereich, großen Terrassen. Ein Gebäude, aus dem in einer wohlhabenden Stadt wie München Banker in dunklen Anzügen kommen und mit ihren Rollkoffern ins wartende Taxi springen. Doch statt Bankern steht vor der Eingangstür ein Mann mit Imkerhut und -schleier vor drei hölzernen Bienenkästen. Und statt einem Taxi rumpelt auf der Freifläche nebenan ein kniehohes Fahrzeug langsam über den trockenen Boden. Ein junger Mann steuert das Gefährt mit einer Fernbedienung.

Mit Banking haben diese Menschen wenig zu tun. Sie bauen stattdessen an der lebenswerten Stadt der Zukunft. Das Munich Urban Colab ist ein Ort, an dem Start-ups mit der Landeshauptstadt München, etablierten Unternehmen und Wissenschaftlern an den urbanen Herausforderungen von morgen arbeiten. Startups wie Angsa Robotics, deren autonom fahrender Roboter weggeworfene Zigarettenkippen und Kronkorken einsammeln soll und dafür gerade übt. Andere Gründer arbeiten an Software für nachhaltiges Bauen oder intelligenten Batterien für die E- Mobilität. Ihr gemeinsames Ziel: smarte, unternehmerische Innovationen für die Stadt der Zukunft.
Seit der Eröffnung im Juni 2021 können hier auf 11.000 Quadratmetern Nutzfläche im Kreativquartier in der Nähe des Hauptbahnhofs gut 300 Menschen gemeinsam an ihren Ideen und an deren Umsetzung arbeiten. Finanziert wird das 35 Millionen Euro teure Projekt von der Landeshauptstadt in Kooperation mit der UnternehmerTUM gGmbH, dem von der Unternehmerin Susanne Klatten initiierten Gründungszentrum an der Technischen Universität München.

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Der Neubau von Steidle Architekten ist als mehrgeschossiger Hallentypus konzipiert, der sich im Maßstab an den bestehenden, denkmalgeschützten Hallen des Kreativquartiers orientiert.
Ceramic tiles in acid bath
Das zweigeschossige Foyer ergibt im Zusammenspiel mit der Arena und einem Café, die sich beide mit Toren öffnen lassen, flexibel nutzbare Räumlichkeiten auch für größere Veranstaltungen.

Mark Stabel von UnternehmerTUM hat das Munich Urban Colab von Anfang an begleitet, er kennt das Gebäude und seine Menschen so gut wie kein anderer. Wenn er in der Cafeteria über den Bau und seine Bewohner redet, hat er stets im Blick, was im Erdgeschoss passiert. Mit dem Gebäude von steidle architekten ist er hochzufrieden: »Die Architekten haben sehr gut verstanden, was wir uns gewünscht haben: Austausch, Sichtbarkeit, Begegnung.« Ein Gang durch das Gebäude macht klar, was Stabel meint: Es liefert die ideale Hülle für einen Dialog über die Stadt der Zukunft. Für Probleme, die niemand alleine lösen kann. Wo andere Coworking Spaces viele isolierte, effiziente Bürowaben bieten, liefert das Munich Urban Colab geradezu verschwenderisch große Begegnungsflächen und Freiraum. Sofaecken und Sitzgruppen in den luftigen, offenen  Treppenhäusern laden zum Austausch ein. Auch in den  gebäudehohen Wintergärten stehen Tische und Bänke. Etablierte Unternehmen wie Wacker Chemie, SAP, Infineon oder Hörmann haben Büros im Gründungszentrum. Sie wollen Kontakte in die Start-up-Welt knüpfen und neue Ideen ausprobieren, zum Beispiel im BEFIVE, einer Initiative von UnternehmerTUM für die Digitalisierung der Bauindustrie.

Einladen soll das transparente Gebäude auch Menschen von außen. Das Erdgeschoss mit seinem Café und der erste Stock sind frei zugänglich. Auch in den Büros darüber ist Offenheit ein Grundprinzip. Menschen mit Kaffeetassen, Laptops oder mobilen Geräten sitzen, stehen und gehen. Die meisten sagen darüber, es ziehe junge Gründer aus ganz Europa an diesen Ort. Arbeitet zusammen, ruft ihnen die Architektur des Gebäudes zu. Am Tag zuvor haben sich Künstlerinnen und Künstler aus den Ateliers im Kreativquartier das Gebäude angesehen. Auch sie können die große MakerSpace-Werkstatt mit ihrem Hightech- Maschinenpark nutzen. Die Gründer bauen hier vom Holzkästchen bis zum Satelliten alle Arten von Prototypen. Als Ort für Konferenzen und Vorträge ist das Colab begehrter als gedacht, erzählt Sabine Hansky, die als Programmdirektorin für die inhaltliche Ausrichtung zuständig ist. Im Mai fand hier zum Beispiel die Architecture Matters statt, eine Konferenz zur Zukunft von Architektur und Stadt.

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Das ehemalige Kasernengelände, auf dem das Colab steht, ist einer der wenigen Orte in München, der sich dem geordneten Nebeneinander von Geldverdienen und Konsum verweigert. In den alten, mit Graffiti besprühten Hallen neben dem Munich Urban Colab können Bildhauer Staub und Lärm produzieren. Über schon lange nicht mehr genutzte Gleise rattern hier Kinder mit Fahrrädern und Rollern, ihre Eltern sitzen auf bunt zusammengesuchten Stühlen im Café, daneben wächst in alten Holzkisten essbares Grünzeug. Ein kleines Stück Anarchie mitten in der Stadt. Für Clemens Baumgärtner, Wirtschaftsreferent der Stadt München, geht es darum, »bestehende Nutzungen behutsam weiterzuentwickeln, um neue Impulse in die bestehende Stadt einzubringen«. Neue Impulse, die sich die Stadt auch vom Munich Urban Colab erhofft. Zum einen soll die Landeshauptstadt in puncto Gründerkultur zu Berlin aufschließen. Zum anderen will München zum Vorreiter bei Smart-City-Lösungen werden. Mobilität, Wohnen, Arbeiten und die Energieversorgung sind nur einige der Themen, für die hier kreative Antworten entstehen sollen.

Für den direkten Draht in die Gründerszene haben mehrere Referate aus der Verwaltung, die Stadtwerke und auch die Münchner Verkehrsgesellschaft Schreibtische im Gründerzentrum bezogen. Die Mitarbeiter der Stadt bringen hier ihre Herausforderungen als Aufgaben an die Jungunternehmer ein oder stellen den Gründern ein reales Testumfeld zur Verfügung. Auch der autonome Müllsammler von Angsa Robotics wird die Wiese vor dem Colab bald in Richtung Realität verlassen. Im Herbst soll der fahrbare Müllschlucker nach dem Oktoberfest auf der Theresienwiese zum Aufräum-Einsatz kommen. (Schüco Produkte: FWS 50.SI, SCHÜCO AWS 75BS.HI, SCHÜCO AWS 75.SI, ADS 75HD. HI RC2, S 70.HI RC2)

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Auf über 11.000 Quadratmetern bietet das Munich Urban Colab Büroräume, Coworking-Bereiche, Veranstaltungs- und Seminarräume, Living Labs und eine High-tech-Prototypenwerkstatt.