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Keine Pflicht zur Mangelbeseitigung?

Ein Handwerksunternehmen ist nicht immer ohne Weiteres verpflichtet, einen aufgetretenen Mangel zu beseitigen. Wichtig ist, die Ursache zu prüfen. Liegt sie zum Beispiel in einer nicht fachgerechten Ausführungsplanung, können geändert Pläne unter Umständen die Voraussetzungen für die Nachbesserung sein.

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Bildnachweis: iStock.com – Ngampol Thongsai

Fehlerhafte Ausführungsplanung

In einem vom OLG Nürnberg entschiedenen Fall (Urteil vom 23.11.2021, Az. 6 U 4362/19) kam es an einer vom Auftragnehmer ausgeführten Glasfassade nach der Abnahme zu einer starken Kondensatbildung auf der Innenseite. Der Auftraggeber setzte eine Frist zur Mangelbeseitigung. Der Auftragnehmer sah die Ursache jedoch in fehlerhaften Vorgaben durch die auftraggeberseitige Planung. Bedenken hatte der Auftragnehmer nicht angemeldet. Er machte die Mangelbeseitigung davon abhängig, dass der Auftraggeber zuvor eine fehlerfreie Ausführungsplanung zur Verfügung stellt.

Was sieht der Vertrag vor?

Der Vertrag sah die typische Aufgabenverteilung vor: Der Auftraggeber schuldete nach § 3 Abs. 1 VOB/B die Ausführungsplanung. Im Vertrag war keine abweichende Regelung enthalten.

Architekt gab Planung vor: Konvektion eingeschränkt

Die bauseitige Architektenplanung gab die Art der Ausführung vor. Diese sah Bauteile vor, welche die freie Konvektion und Luftströmung stark einschränkte. Diesem zum Bauzeitpunkt schon allgemein bekannten Effekt hätte neben der Vermeidung konvektionsbehindernder Bauteile vor allem mit der Art der Beheizung und der Lüftung Rechnung getragen werden müssen. Es hätte eines einheitlichen Fassaden-, Heizungs- und Lüftungskonzepts sowie eines Nutzungskonzepts bedurft, zumal die Glasfassade an einer Nordseite geplant wurde, so der gerichtliche Gutachter. Der Planer hätte entweder schon vorgeben müssen, dass konvektionsbehindernde Bauteile (wie die Querriegel) gänzlich vermieden werden oder er hätte alternativ Durchbrüche in der Konstruktion vorsehen müssen, die die Lüftung verbessern.

Hierbei handelt es sich nach der fachlichen Einschätzung des Sachverständigen um eine typische Aufgabe des planenden Architekten, die im Vorfeld als Bestandteil der gewerkübergreifende Planung hätte vorgegeben werden müssen. Gegebenenfalls hätte der Architekt einen speziell geschulten Fassadenplaner einschalten müssen. Unzureichende Planungsvorgaben waren die Hauptursache der Tauwasserbildung und der davon abgeleiteten Schäden.

Mitverschulden an Kondensatbildung an der Glasfassade

Die aufgetretene Kondensatbildung führt zu einem Mangel, weil das Werk an dieser Stelle nicht fachgerecht ausgeführt und in der Funktionstauglichkeit eingeschränkt ist. Nach dem funktionalen Mangelbegriff handelt es sich um einen Mangel in der Leistung des Auftragnehmers. Für den auf den Planungsfehlern beruhenden Mangel Kondensatbildung muss er einstehen, weil er den Auftraggeber nicht auf Bedenken hingewiesen hat.

Dies ändert nach der Rechtsprechung aber nichts daran, dass sich der Unternehmer erfolgreich darauf berufen kann, dass der Auftraggeber zuerst durch Änderung der Planung die Voraussetzungen für die Nachbesserung schaffen muss, obwohl dem Unternehmer grundsätzlich die Entscheidungsfreiheit zusteht, auf welche Art und Weise er nachbessert.

Funktionaler Mangelbegriff

Der Unternehmer schuldet grundsätzlich ein funktionstaugliches Werk. Ein Mangel liegt danach auch vor, wenn die Ursache der fehlenden Funktionstauglichkeit auf der vom Auftraggeber erstellten Planung oder einer mangelhaften Vorleistung beruht. Der Unternehmer wird aber von der Mangelhaftung frei, wenn er seiner Pflicht zur Bedenkenmeldung (§§ 4 Abs. 3, 13 Abs. 3 VOB/B) nachgekommen ist beziehungsweise keine Hinweispflicht besteht.

Mangelbeseitigung unabhängig von Planung?

Nach dem OLG Nürnberg war die Vorlage einer umfassenden und funktionierenden Ausführungsplanung eine „unverzichtbare, den Auftraggeber verpflichtende Mitwirkungshandlung für die Nachbesserung“.

Folglich war der Auftragnehmer nicht zur Mangelbeseitigung verpflichtet, solange die entsprechende Ausführungsplanung nicht bereit gestellt wurde.

Aber Vorsicht: Zugleich waren Ausführungsfehler festgestellt worden, welche zu Undichtigkeiten geführt hatten. Diese waren nicht auf eine fehlerhafte Planung zurückzuführen. Diese Mängel hätte der Auftragnehmer bereits beseitigen müssen – unabhängig vom Aspekt der Kondensatbildung.

Mitverschulden

Der Auftraggeber schuldet nach § 3 Abs. 1 BGB die Ausführungsplanung. Wird diese vom Architekten erstellt, ist er Erfüllungsgehilfe des Auftraggebers. Enthält die Planung Fehler, wird dieser dem Auftraggeber zugerechnet, § 278 BGB. Führt der Fehler zu einer fehlerhaften Leistung, weil er nicht vor Ausführung erkannt wird, so trifft den Auftraggeber ein Mitverschulden. Der Fehler des Architekten wird so behandelt, als wäre er dem Auftraggeber unterlaufen.

Bei Mängelrüge bauseitige Planung prüfen

Bei einer Mangelrüge sollte stets geprüft werden, ob ursächlich die bauseitige Planung ist. Dann besteht grundsätzlich ein Anspruch darauf, zunächst eine fehlerfreie und umsetzbare Ausführungsplanung zu erhalten, wenn diese für die auszuführende Leistung erforderlich ist. Zuvor müssen keine Mangelbeseitigungsmaßnahmen durchgeführt werden, auch wenn keine Bedenken angemeldet wurden.



„In diesem Zusammenhang sollte der Unternehmer auch nicht vergessen, dass ihm in Bezug auf die durchzuführenden Mangelbeseitigungsarbeiten ein Mitverschuldenseinwand zusteht. Der Unternehmer kann dem Auftraggeber den Planungsfehler entgegenhalten – mit der Folge, dass sich der Auftraggeber an den Kosten der Mangelbeseitigung beteiligen muss.“

Thorsten Albrecht Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht