Baust Du noch oder wartest Du schon?
Erfahren Sie, welche rechtliche Folgen Lieferengpässe und ihre Auswirkungen auf Termine für Auftragnehmer – also auch für Schüco Partner – haben können und wie sich ein Verzugsvorwurf abwehren ließe.
Die aktuelle Situation auf dem Materialmarkt ist äußerst angespannt. Die Fälle häufen sich, in denen Lieferanten das benötigte Material nicht so liefern können, dass der Unternehmer seine vertraglichen Termine einhalten kann. Die Folge: Der Auftraggeber droht mit Vertragsstrafen und Verzug. Muss der Auftragnehmer tatsächlich für diese Verzögerungen einstehen?
Verzug – und damit auch eine Vertragsstrafe – setzt immer ein Verschulden auf Seiten des Unternehmers voraus.
Grundsätzlich liegt es in der Verantwortung des Auftragnehmers, seine Leistung termingerecht zu erbringen. Ausnahmen bestehen dort, wo sich Ursachen ergeben, für die der Auftragnehmer nicht einzustehen hat.
Verzug – und damit auch eine Vertragsstrafe – setzt immer ein Verschulden auf Seiten des Unternehmers voraus.
Lässt sich Unmöglichkeit in Betracht ziehen?
Kann der Unternehmer beispielsweise das benötigte Material nur von einem bestimmten Systemhersteller beziehen und kann dieser nicht ausliefern, weil er wiederum die benötigten Rohstoffe auf dem Markt nicht erhält, kommt eine vorübergehende Unmöglichkeit in Betracht. Die Leistung kann dann von niemandem erbracht werden, weil das Material für keinen verfügbar ist. Die Folge dieser Unmöglichkeit (§ 275 BGB) ist ein Pausieren der Vertragspflichten – der Unternehmer ist also währenddessen nicht zur Leistung verpflichtet.
Gleich behandelt wird die Situation, wenn das Material zwar beschafft werden könnte, aber nur mit einem so hohen Aufwand, dass sich ein grobes Missverhältnis zum Interesse an der Leistungserbringung seitens des Auftraggebers ergibt; etwa wenn irgendwo auf der Welt das Material zu horrenden Preisen verfügbar wäre.
Unabwendbares Ereignis kann zu Fristverlängerung führen
Kann eine Leistung nicht termingerecht ausgeführt werden, weil Umstände vorliegen, die für den Auftragnehmer unabwendbar sind, verlängern sich gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 lit. c VOB/B die Ausführungsfristen.
Unabwendbare Umstände liegen nach der Rechtsprechung vor, wenn
* sie nach menschlicher Erfahrung unvorhersehbar sind und
* auch bei Einhaltung äußerster Sorgfalt und Ergreifen wirtschaftlich erträglicher Mittel
* sie oder ihre Auswirkungen nicht zu vermeiden sind und
* ihre Wirkungen nicht bis auf ein erträgliches Maß unschädlich gemacht werden können.
Das Material darf also nicht zu wirtschaftlich tragbaren Konditionen anderweitig verfügbar sein. Und der Lieferengpass darf nicht vorhersehbar sein. Dabei sollte aber auf die konkrete Auswirkung der Marktlage auf das konkret – für das jeweilige Bauvorhaben benötigte – Material abgestellt werden. Das Bestehen einer sogenannten Pandemielage allein genügt nicht, um Auswirkungen vorhersehen zu können.
Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB)
Ändern sich im Nachhinein Umstände, die Grundlage des geschlossenen Vertrages sind, unvorhergesehen, kommt ein Anspruch auf Anpassung der vertraglichen Termine nach § 313 BGB in Betracht.
Die Hürde für eine solche Anpassung wurde von der Rechtsprechung in der Vergangenheit allerdings hoch angesetzt.
Eine Anpassung der vertraglichen Termine nach § 313 BGB setzt voraus,
* dass sich Umstände nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben,
* die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sowie dass
* die Vertragspartner den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten und
* einem Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Fest-halten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
Die Auswirkung des Lieferengpasses auf die Termine muss so schwerwiegend sein, dass es dem Auftragnehmer nicht mehr zumutbar ist, an den bisherigen Terminen festgehalten zu werden.
Keine Haftung für den Lieferanten
Hinzu tritt, dass der Unternehmer grundsätzlich nicht für seinen Lieferanten haftet. Der Unternehmer muss nur für eigenes Verschulden einstehen, wenn er beispielsweise nicht rechtzeitig oder nicht richtig bestellt hat.
Verzögerungen aus dem Verantwortungsbereich des Lieferanten werden ihm dagegen nicht zugerechnet, etwa aufgrund von nicht rechtzeitiger oder fehlerhafter Lieferung (Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.02.1978, Az. VII ZR 84/77).
„Der Unternehmer sollte bei der Vertragsverhandlung penibel darauf achten, dass er keine verbindlichen Termine vereinbart, wo Verzögerungen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Ansonsten bindet er sich bei ungewisser Liefersituation. Anpassungen sind dann kaum möglich. Umgehen lässt sich diese Bindung aber etwa durch die Vereinbarung eines Vorbehaltes entsprechender Belieferung durch den Lieferanten.“
Das Fazit
Auch wenn die Hürden nicht gering sind, gibt es verschiedene Grundlagen, einen Verzugsvorwurf abzuwehren und eine Anpassung der Ausführungszeiten zu begründen. Maßgeblich ist aber stets, dass die Auswirkungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht absehbar waren.
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