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Fehlendes Kennzeichen – mangelhafte Leistung?

Die Normen des harmonisierten EU-Rechts haben immer häufiger auch bei Streitigkeiten der am Bau Beteiligten Bedeutung. Dies gilt auch für das Bauproduktenrecht, welches – unter anderem – die CE-Kennzeichnung regelt. Welche Bedeutung kommt der Kennzeichnung im Vertrag zwischen dem Metallbauer und seinem Kunden zu?

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Mit dieser Frage befasste sich jüngst das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg (Urteil vom 04.09.2018, Az. 2 U 58/18). Der Auftraggeber hatte den Auftragnehmer auf Vorschuss der Mangelbeseitigungskosten wegen diverser Mängel verklagt. 

Ein Mangelvorwurf bezog sich auf das Fehlen der CE-Kennzeichnung. Ein Mangel würde voraussetzen, dass die ausgeführte Leistung nicht der geschuldeten Leis tung entspricht (BauIst ungleich Bau-Soll). Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die allgemein anerkannten Regeln der Technik nicht eingehalten sind. Deshalb prüfte das OLG, ob das Fehlen des CE-Kennzeichens auf einen Verstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln hindeutet. 

Die Grundsätze der CE-Kennzeichnung sind in der Bauproduktenverordnung (BauPVO) geregelt. Zweck dieser Verordnung ist es in erster Linie, die technischen Anforderungen an Bauprodukte auf europäischer Ebene zu harmonisieren und den Handel innerhalb der EU zu erleichtern. Dagegen dient sie nicht dazu, die Bauwerkssicherheit sicherzustellen. Die Frage der Sicherheit bleibt den nationalen Normen überlassen. 

Die BauPVO schreibt daher lediglich eine Leistungserklärung des Herstellers vor, der das Bauprodukt in Verkehr bringt. Wesentliche Merkmale des Produkts und das Prüfverfahren ergeben sich aus der entsprechenden harmonisierten Norm. In der Leistungserklärung gibt der Hersteller an, welche Merkmale in welchem Verfahren und mit welchem Ergebnis geprüft wurden. Dabei ergeben sich aus harmonisierten Normen mitunter lediglich Prüfverfahren, jedoch keine Anforderungen an das jeweilige Produkt. 

Die Leistungserklärung beinhaltet die Aussage, dass das Produkt allen geltenden Anforderungen des einschlägigen Unionsrechts in Bezug auf die CE-Kennzeichnung genügt und ein geeignetes Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt wurde. Es handelt sich um eine eigene Erklärung des Herstellers, welche er in eigener Verantwortung – aus seiner subjektiven Sicht – abgibt. Die CE-Kennzeichnung begründet dagegen keinen Verwendbarkeitsnachweis für ein Bauprodukt im Hinblick auf alle nationalen gesetzlichen Sicherheitsanforderungen. Nach diesen Anforderungen können Aspekte erforderlich sein, die die Leis tungserklärung nicht berücksichtigen muss. 

Ein Mangel in der Leistung könne sich auch – so das OLG – daraus ergeben, dass das Bauprodukt nicht den Anforderungen entspricht, welche das Bauordnungsrecht an seine Verwendbarkeit stellt. Auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Vertrag ist davon auszugehen, dass nur Bauprodukte verwendet werden dürfen, die dem Bauordnungsrecht entsprechen. Über die Verwendbarkeit besagt die CE-Kennzeichnung aber gerade nichts. Damit lässt die CE-Kennzeichnung keine Aussage zur Einhaltung der geschuldeten Beschaffenheit zu. Es besteht weder ein Anschein für die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik oder das Aufweisen der geschuldeten Beschaffenheit, noch ist das Fehlen der Kennzeichnung ein Indiz für einen Verstoß gegen diese Regeln. Die der Kennzeichnung zugrunde liegenden harmonisierten Normen legen keine bauaufsichtlichen Standardforderungen fest. Sie regeln ausschließlich, wie die Leistungen von Bauprodukten zu ermitteln sind. Deshalb beschränkt sich der Aussagewert der Kennzeichnung im Hinblick auf das deutsche Werkvertragsrecht auf eine Überprüfungsgrundlage für die national geltenden allgemein anerkannten Regeln der Technik. Aus der Verwendung eines Produktes ohne CEKennzeichen folge kein höheres Risiko als bei Verwendung eines gekennzeichneten Produkts, führt das OLG aus. 

Im Ergebnis folgt allein aus dem Fehlen einer CE-Kennzeichnung kein Mangel der Leistung des Auftragnehmers. Entscheidend sind die ausgeführte Leistung und zudem die maßgeblichen nationalen Normen und Regeln. Aufgrund des Aussagewerts des CE-Kennzeichens lassen sich keine Rückschlüsse auf einen Mangel ziehen. Aber: Nötig ist auch stets der Blick in den Vertrag. Verpflichtet sich der Auftragnehmer darin ausdrücklich zur CE-Kennzeichnung, kann die Bewertung wieder anders ausfallen.

„Allein aus dem Fehlen einer CE-Kennzeichnung folgt in der Regel kein Mangel der Leistung des Auftragnehmers. "

Rechtsanwalt Thorsten Albrecht, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Weiss Weiss Rechtsanwälte

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