Chancen und Perspektiven: Frauen im Handwerk
Noch immer ranken sich zahlreiche Klischees rund um Frauen im Handwerk. Wir haben bei Schüco Partnerinnen nachgefragt, wie sie ihren Berufsalltag erleben.
„Ich möchte mit meiner fachlichen Kompetenz überzeugen“, sagt Sophia Pasternak. Sie hat bereits einen Bachelor in Architektur in der Tasche und absolviert gerade eine Ausbildung zur Technischen Systemplanerin bei Schüco Partner Metallbau Pasternak in Hilden. Die 27-Jährige steht für einen Wandel, der zwar langsam vonstattengeht, aber enormes Potenzial bietet: Frauen erobern das Handwerk. In Zeiten des Fachkräftemangels werden sie auch dringend gebraucht. Das Motto des Weltfrauentag am 8. März fasst die Situation hervorragend zusammen: „Geschlechtergleichstellung heute für ein nachhaltiges Morgen“.
Noch vor einigen Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass sich immer mehr Mädchen für praktische Berufe interessieren, doch langsam setzt ein Umdenken ein – auf beiden Seiten. Aussagen, die lange Zeit Gültigkeit zu besitzen schienen, erweisen sich jetzt als Mythen.
Mythos 1: Frauen und Mädchen wollen doch gar nicht ins Handwerk
Als Verena Starz (33) vor einigen Jahren mit der Schule fertig war, kam sie gar nicht auf die Idee, einen praktischen Beruf zu ergreifen. „Ich habe eine Ausbildung zur Bürokauffrau angefangen, ohne mir darüber viele Gedanken zu machen. Ein Mädchen geht ins Büro. So war das eben.“ Dieses gesellschaftliche Klischee existiert in vielen Köpfen noch immer, hat aber nichts mit den tatsächlichen Interessen der Mädchen und Frauen zu tun. Verena Starz, die im Familienunternehmen Starz Metallbau in Aalen ihre Ausbildung machte, arbeitete im Einkauf, lastete ihren Kopf aus – und warf sehnsüchtige Blicke in die Werkstatt. „Ich war von klein auf mit Aluminium vertraut und bin eigentlich ein eher körperlicher Mensch. Der nächste Schritt war logisch“, erzählt sie. Jetzt ist sie die einzige weibliche Metallbauerin im Unternehmen und findet: „Man muss den Menschen sehen und nicht das Geschlecht. Es wird Zeit, alte Klischees zu überwinden.“
Für Betriebe heißt das: Fragen Sie sich, wie Sie Ihr Unternehmen für Mädchen und Frauen attraktiver gestalten können und versuchen Sie aktiv, die Aufmerksamkeit von Mädchen auf praktische Berufe zu lenken, etwa bei Ausbildungsmessen und über die Ansprache beider Geschlechter in Stellenanzeigen. Falls bei Ihnen bereits weibliche Mitarbeiterinnen tätig sind, können diese eine Vorbildfunktion einnehmen.
Mythos 2: Mit der männlichen Belegschaft gibt es Konflikte
„Die meisten meiner Freundinnen arbeiten in typischen Frauenberufen“, sagt Astrid Maniak. „Da gibt es unter den Kolleginnen häufiger mal Konkurrenzdenken und Gezicke. So etwas kenne ich gar nicht.“ Die 53-Jährige ist Technische Systemplanerin bei Schüco Partner Metallbau Pilgram in Oberhausen. Probleme hatte sie mit den Männern, mit denen sie zusammenarbeitet, noch nie. „Meine Kollegen sind immer sehr hilfsbereit. Negative Erfahrungen habe ich keine gemacht.“
„Mit Männern ist es grundsätzlich wirklich entspannter“, bestätigt Mirjam Weiß (46). Sie muss es wissen. Denn sie hat erst als Kinderkrankenschwester gearbeitet, bevor sie ihren heutigen Mann Heiko Weiß kennenlernte und sich entschloss, Kauffrau im Handwerk zu werden. Jetzt sagt sie den Mitarbeitern bei Schüco Partner Schulte Weiss in Haiger, was sie zu tun haben. „Mit den meisten Mitarbeitern läuft es prima“, sagt sie. „Wir reden auf Augenhöhe miteinander.“ Aber sie gibt auch zu, dass es nicht allen Kollegen leichtfalle, Anweisungen von einer Frau entgegenzunehmen. Dann müsse sie schon mal nachdrücklicher werden. „Ich gehe damit sehr entspannt um. Man kann die Menschen ja nicht ändern.“ Außerdem hätten Männer einen großen Vorteil: „Wenn den Kollegen etwas nicht passt, sprechen sie es direkt aus, und das Thema ist erledigt.“
Die Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade fasst die Erfahrung vieler Betriebe zusammen: Der Umgangston verändere sich eher positiv, wenn Frauen im Team seien. Und: „Gemischte Teams sind kreativer, kommunikativer und tragen somit zu einem höheren wirtschaftlichen Erfolg des Betriebes bei.“
Tipp für Betriebe: Durch regelmäßige Mitarbeitergespräche können Sie eventuell aufkommende Konflikte früh aus dem Weg räumen.
Mythos 3: Die körperliche Arbeit ist für Frauen zu schwer
Für die Fertigung und Montage werden mehr Maschinen eingesetzt als früher. Zudem zeigt ein typischer Frauenberuf, dass Frauen durchaus körperlich belastbar sind: In der Pflege heben sie täglich Menschen mit zum Teil großem Körpergewicht.
Tatsächlich kann Metallbauerin Verena Starz über dieses Vorurteil nur lächeln. „Aluminium ist doch ein Leichtmetall“, sagt sie und lacht. Von wegen schwächeres Geschlecht. Sie packt gemeinsam mit den Männern an und hatte damit noch nie ein Problem. „Ich glaube, das ist einer der Gründe dafür, dass mich meine Kollegen zu hundert Prozent ernstnehmen“, sagt sie. „Respekt muss man sich verdienen. Das ist doch in jedem Beruf so.“
Den Wandel fortsetzen
Frauen gehören also ins Handwerk. Trotzdem ist die Anzahl der Bewerberinnen noch sehr klein. Sophia Pasternak ist davon überzeugt: Der Wandel ist nur eine Frage der Zeit. „Das Team in unserem Betrieb ist im Durchschnitt eher jung. Wir sind auf einer Wellenlänge. Das Geschlecht spielt keine Rolle, es geht nur um die fachliche Kompetenz.“ Es seien eher ältere Männer, denen sie auf Baustellen begegne, die schon mal komisch gucken würden. „Für manche scheint das noch ungewohnt zu sein“, sagt sie. Doch das werde sich bald ändern. Denn in ihrer Berufsschulklasse seien fast die Hälfte Mädchen.
Und privat? Wird eine Frau schief angesehen, die beruflich zupackt? „Überhaupt nicht“, sagt Verena Starz. „Bekannte fragen mich um Rat, wenn sie mit handwerklichen Dingen Schwierigkeiten haben. Schließlich kenne ich mich besser aus.“
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