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Bürobauten zu Wohnungen

– Eine Zukunftsaufgabe

Neben einer ganzen Reihe neuer Impfstoffe hat vor allem das Home Office gute Chancen, als bleibende Errungenschaft der Corona-Pandemie erhalten zu bleiben.

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Einer repräsentativen Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung zufolge arbeitete im Januar 2021 rund ein Viertel aller Erwerbstätigen in Deutschland von zu Hause aus. Im Frühjahr 2020 war die Home-Office-Quote bereits ähnlich hoch gelegen. Sogar 39% der Befragten gaben in der Umfrage an, sie könnten ihren Beruf uneingeschränkt oder zu großen Teilen in Heimarbeit erledigen.

Damit stellt sich die Frage, ob der Bedarf an Büroflächen womöglich auch langfristig zurückgehen wird – und was mit diesen Flächen dann geschehen soll. Einer Erhebung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) zufolge arbeiten vor allem in Großstädten viele Menschen in home-office-affinen Verwaltungstätigkeiten – und gerade in den Ballungszentren ist zugleich der Bedarf an Wohnraum besonders hoch. Lassen sich also in Deutschland in größerem Umfang Bürogebäude zu Wohnungen umbauen, und wenn ja, wie?

Der Bedarf ist vorhanden

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Rein finanziell betrachtet, besteht für Arbeitgeber ein hoher Anreiz, Arbeitskräfte ins Home-Office zu schicken: In Bürogebäuden entfallen auf einen Arbeitsplatz alles in allem rund 30 m2 Fläche, wenn man Teeküchen, WCs, Kopier- und sonstige Nebenräume einberechnet. Bei Quadratmetermieten zwischen 16 und 29 Euro pro Quadratmeter in den sieben größten deutschen Städten entspricht das zwischen 6000 und 10.000 Euro Mietkosten pro Person und Jahr.


Gleichzeitig ist der Wohnraumbedarf eklatant: Allein in den Jahren 2018 bis 2020 wurden in Deutschland etwa 250.000 Wohnungen zu wenig errichtet, wie das Pestel-Institut errechnet hat. Jeder siebte Deutsche lebte 2019 in einem Haushalt, der durch Wohnkosten überbelastet war und mehr als 40% seines verfügbaren Einkommens für Wohnen ausgeben musste. Damit waren hierzulande deutlich mehr Haushalte betroffen als im EU-Durchschnitt. Vor allem in den Großstädten spitzt sich die Situation zu. Dort leben nach Schätzungen der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen 40 bis 60% aller Privathaushalte unterhalb der Einkommensgrenzen, die zum Bezug einer Sozialwohnung berechtigen. Bundesweit sind aber nur 6% aller Wohnungen Sozialwohnungen.

Potenzial für 235.000 Wohnungen in fünf Jahren

Wie sich der Mangel beheben lassen könnte, haben das Pestel-Institut und die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen ebenfalls untersucht. Auftraggeber der Studien war das Verbändebündnis Soziales Wohnen, zu dem sich die Caritas, der Deutsche Mieterbund, mehrere Gewerkschaften sowie die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau zusammengeschlossen haben. Einer der Schwerpunkte lag dabei auf der Umwidmung von Büroflächen zu Wohnungen.

Die Autoren machen folgende Rechnung auf: Knapp 15 Millionen Deutsche arbeiten derzeit in Büros. Dort könnten in den nächsten 20 Jahren 40% aller Präsenztage – und der damit verbundene Platzbedarf – wegen Home Office entfallen. Bis 2040 stünden somit mindestens 136 Millionen Quadratmeter Büronutzfläche für andere Zwecke frei. Etwa die Hälfte davon ließen sich mit geringem oder überschaubarem Aufwand zu Wohnungen umbauen. Schon bis 2025 könnte dadurch ein Bedarf von 235.000 zusätzlichen Wohnungen gedeckt werden, bis 2040 wären es sogar 1,86 Millionen Wohnungen.

Günstiger als andere Optionen wäre das Ganze auch: Die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Wohnen rechnet bei Büroumbauten mit Median-Kosten von gut 1100 Euro je Quadratmeter. Für die Vollmodernisierung eines bestehenden Wohngebäudes ist im Durchschnitt das Doppelte dieser Summe, für einen Neubau sogar fast das Dreifache zu veranschlagen.

Büroleerstand ist kein Massenphänomen

Andere Experten bezweifeln jedoch, dass die Potenziale wirklich so schnell heben lassen. Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln hat Anfang 2021 bei einer Unternehmensumfrage herausgefunden, dass nur 6,4% aller Unternehmen in Deutschland planen, ihre Büroflächen zu reduzieren. Am ehesten ist das noch bei größeren Betrieben der Fall. Deutlich mehr Firmen möchten ihre Büros stattdessen umbauen und zum Beispiel Gruppenbüros auflösen oder mehr Platz für Kommunikation und Austausch schaffen.

Außerdem sind die Büroleerstände gerade in gefragten Ballungsräumen noch immer sehr gering. Nach einer Erhebung des Immobilienberaters Colliers International standen in den sieben größten deutschen Städten Ende 2020 gerade einmal 3,5% aller Büroflächen leer. In Berlin waren es gerade einmal 1,2%, in Frankfurt immerhin 7,1%. Ein Massenphänomen ist der Leerstand damit nicht, zumal gerade der Büroimmobilienmarkt sehr konjunkturabhängig ist und viele Experten nach dem Ende der Corona-Pandemie wieder mit einem Anstieg der Nachfrage rechnen.  

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Wohnungen benötigen intensiveren Außenbezug

Aus planerischer Sicht stellen sich bei der Umnutzung von Bürogebäuden zu Wohnungen besondere Herausforderungen. Sie haben zum einen mit der Lage zu tun. Nicht in jedem Gebiet erlaubt der Bebauungsplan eine Wohnnutzung überhaupt – im Zweifelsfall muss dieser also von der Gemeinde vorher geändert werden. Außerdem liegen viele Bürogebäude in exponierter Lage an Hauptverkehrsstraßen, was zusätzliche Schallschutzmaßnahmen etwa in Form von Schallschutzfenstern notwendig macht. Gerade bei älteren Bestandsgebäuden muss auch der Schall- und Brandschutz im Gebäudeinneren oft noch verbessert werden.

Generell benötigen Wohnungen mehr Tageslicht und einen direkteren Zugang nach draußen als Büroräume. Viele Bürogebäude – vor allem solche mit Großraum- und Kombibüros – haben deutlich größere Gebäudetiefen, als sie im Wohnungsbau üblich sind, und sind daher schwer zu belichten. Durchaus üblich sind beim Umbau von Büros zu Wohnungen daher die Absenkung von Fensterbrüstungen, der Einbau von Loggien oder der Anbau von Balkonen, um den Außenbezug zu stärken. Nicht zuletzt benötigen Wohngebäude auch deutlich mehr Sanitärräume und WCs, als dies in Bürogebäuden der Fall ist. In aller Regel müssen daher bei einem Umbau zusätzliche Steigschächte eingebaut werden.

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Erfolgreiche Umsetzungsbeispiele

Günstig für eine Umnutzung ist bei den meisten Bürogebäuden allerdings deren flexible Baustruktur. Weil sich auch im regulären Bürobetrieb Raumkonfigurationen oft ändern, sind viele von ihnen in Skelettbauweise ohne tragende Bürotrennwände gebaut. Dass solche Umnutzungen prinzipiell möglich sind und sich daraus Wohnräume von einzigartigem Charakter ergeben können, zeigen zahlreiche Beispiel aus den letzten Jahren. 2009 bauten Stefan Forster Architekten einen 14-geschossigen Büroturm im Frankfurter Büropark Niederrad zum Wohnhochhaus um und stockten ihn dabei um drei weitere Geschosse auf. 98 Wohnungen sind dort entstanden. Das Projekt war der Auftakt zu einem groß angelegten, von der Stadt Frankfurt geförderten Quartiersumbau, bei dem sich der einst monostrukturelle Bürostandort zu einem gemischt genutzten, vollwertigen Stadtteil gewandelt hat.

Im Büropark Seestern in Düsseldorf wurde ein Bürogebäude aus den 70er-Jahren zum „White Max“, dem mit 18 Geschossen höchsten Wohngebäude der Stadt, umfunktioniert. Ebenfalls in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt steht der „Living Circle“, einst Unternehmenszentrale von Thyssen und heute ein Komplex aus Supermarkt, Kitas, Tagespflege und 340 Wohnungen, von denen 20% zu einer Kaltmiete von nur 8,50 Euro angeboten werden. Das stadtbildprägende Gerling-Hochhaus in Köln, Teil der einst 4,6 Hektar großen Zentrale des Versicherungskonzerns, ist nach Plänen der Architekten Kister Scheithauer Gross zu einem eher hochpreisigen Wohnstandort umgewandelt worden. In Bern schließlich haben Theo Hotz Partner und Marazzi + Paul die Schönburg, einst Hauptverwaltung der Schweizerischen Post, in einen Mischkomplex mit Hotel, Wohnungen, Supermarkt und Fitnesscenter umgebaut.

Auch für Senioren geeignet

Bei den genannten Umbauten sind zum größten Teil klassische Drei- bis Fünfzimmerwohnungen mit je 50 bis 150 m2 Fläche entstanden. Bürohäuser eignen sich aber auch für den Umbau zu deutlich kleineren, sogenannten Mikrowohnungen. Wie das geht, haben Andreas Hild und Faraneh Farnoudi von der Technischen Universität München in einem Projekt im Rahmen der Forschungsinitiative Zukunft Bau untersucht. Dabei interessierten sie sich vor allem für die Frage, wie man in Bürogebäuden aus den 50er- bis 70er-Jahren altersgerechten Wohnraum schaffen kann. Ergebnis der Studie war ein Typenkatalog von Wohnungsgrundrissen, die sich in Bestandsgebäude mit unterschiedlichem Ausbauraster einpassen lassen.

Mit ihrem Forschungsprojekt verfolgen die Münchener ein Ziel, das auch das Verbändebündnis Soziales Wohnen anstrebt: kostengünstigen Wohnraum in Ballungsräumen zu schaffen. Allerdings hat auch ihre Bedarfsanalyse bereits ergeben, dass Senioren in den Städten keineswegs nur nach Kleinstwohnungen unter 40 m2 suchen. Daher sind die Wohnungen im Typenkatalog so konzipiert, dass sie sich bei Bedarf auch zu mehreren zusammenlegen lassen und so größere Einheiten entstehen können. Die bauliche Flexibilität dafür bringen Bürogebäude, in denen ja ständig größere und kleinere Umbauten vorgenommen werden, in aller Regel mit.

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