Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

profile_magazin_12_2014

712dialog | Hahn – Values in architecture fällig: Architektur ist als „erlebter Wert“ ein anderer Gegenstand als ein Automobil. Denn Autofahren ist eine andere Tätigkeit als Wohnen. Ich muss nicht das Auto selbst fahren (können), um von den Vorzügen einer Autofahrt zu profitieren, sie wertzuschätzen. Aber das Wohnen kann ich nicht delegieren oder mich darin vertreten lassen. Einmal auf der Welt, muss ich irgendwo bleiben. Niemand kann sich in Luft auflö- sen. An einem konkreten Ort für eine gewisse Dauer bleiben ist unser Wohnen. Im Wohnen kann mich niemand ersetzen, ich muss es selbst vollbringen. Architektur, die dem „guten“ Aufenthalt des Menschen auf der Erde dient und die aus diesem Grund in Gebrauch genommen wird, ist weder Werkzeug noch Kunstwerk. Architektur ist Lebensmittel, in- sofern sie von Menschen hervorgebracht wurde und weiterhin wird, um die Welt bewohnbar zu machen. Damit ist schon so etwas wie ein anthropologischer Vorgriff auf den Wert von Architektur festgestellt, insofern sie dem menschlichen Hier- und Dasein dient. Im Bereich des Erlebens und Erfahrens von Architektur manifestieren sich Werte zu- nächst als Erlebnisgefühle, die schließlich als bewusste Werterfahrun- gen ausgesprochen und mitgeteilt werden können. Werterwartungen und Werterfahrungen entstehen, weil wir bei der sinnlichen Begegnung mit Architektur auch unsere Befindlichkeit spü- ren, die einen gestimmten Raum, in welchem sowohl der Fühlende als auch die erlebte Gegenstandsqualität (z.B. Geborgenheit) gegenwärtig und anwesend sind, ausmachen. Im Erleben von Architektur spüre ich Anmutungen, die mit Freude oder Unlust in Verbindung stehen. Pri- mär ist hier die Unterscheidung zwischen angenehm und unangenehm, nämlich die zwischen einem bejahenden und einem ablehnenden Wert- gehalt einer Sache. Sinnliches und theoretisches Werturteil Wenn wir Prozesse des Wahrnehmens mit wertenden Bekundungen in Beziehung gesetzt haben, dann sind wir von einem praktischen Werturteil ausgegangen. Um aber das professionelle Werten vom le- bensweltlichen abzugrenzen, muss auf die Unterscheidung zwischen Achim Hahn, Dr. habil., ist seit 2001 Professor für Architekturtheorie und Architekturkritik an der Fakultät Architektur der TU Dresden. Zwi- schen 1996 und 2001 lehrte er als Professor für Soziologie an der Hochschule Anhalt (FH). Er ist Herausgeber der Zeitschrift „Ausdruck und Gebrauch. Dresdner wissenschaftliche Hefte für Architektur Wohnen Umwelt“. In seinen Forschungen befasst sich Hahn u.a. mit der Methodologie der Erfahrungswissen- schaften („Beispielhermeneutik“), urbanen Landschaften („Zwischenstadt“), der Philoso- phie des Wohnens und der Ästhetik und Ethik in der Architektur. Achim Hahn ist Herausge- ber der Bücher „Architekturtheorie. Wohnen, Entwerfen, Bauen“ (Wien 2008), „Raum und Erleben. Über Leiblichkeit, Gefühle und Atmo- sphären in der Architektur“ (Aachen 2012) und „Erlebnislandschaft – Erlebnis Landschaft? – Atmosphären im architektonischen Entwurf“ (Bielefeld 2012). Dr Achim Hahn has been professor for architec- tural theory and architectural criticism at the Faculty of Architecture at the Dresden Univer- sity of Technology since 2001. Between 1996 and 2001 he taught at the Anhalt University of Applied Sciences as professor of sociology. He is the publisher of the journal “Ausdruck und Gebrauch. Dresdner wissenschaftliche Hefte für Architektur Wohnen Umwelt” (Ex- pression and Use. Dresden Scienti c Papers on Architecture, Living and the Environment). Hahn’s studies include the methodology of the empirical sciences (“example hermeneutics”), urban landscapes (“Zwischenstadt”), the phi- losophy of living and aesthetics and ethics in architecture. Achim Hahn has published the books “Architekturtheorie. Wohnen, Entwer- fen, Bauen” (Architectural Theory. Living, De- signing, Constructing) (Vienna 2008), “Raum und Erleben. Über Leiblichkeit, Gefühle und Atmosphären in der Architektur” (Space and Experience. On Corporeity, Feelings and At- mospheres in Architecture) (Aachen 2012) and “Erlebnislandschaft – Erlebnis Landschaft? – Atmosphären im architektonischen Entwurf” (The Landscape Experience – Landscape Ad- ventures – Environments in Architectural De- sign” (Bielefeld 2012). I have to go somewhere. Nobody can just disappear into thin air. Living is to stay in a speci c place for a certain amount of time. Nobody can live for me, I have to do it myself. Architecture that serves to give peo- ple a “good” place to live on earth, and which is used for this reason, is neither a tool nor a work of art. Architecture is a provision insofar as it has been, and will continue to be, created by people to make the world habitable. This asserts a kind of anthropologic prescience of the value of architecture, insofar as it serves the here and now of humans. In the eld of architectural experience, values manifest themselves as the feelings of an experience and subsequently are expressed and shared as conscious value experiences. Value expectations and value experiences exist because, when our senses come into contact with architecture, we also feel our mental state that makes up a design space in which both the sentient person and the experienced object quality (e.g. the feeling of security) are con- temporary and physically present. By experiencing architecture, I feel impressions associated with joy or aversion. The primary distinction here is between pleasant and unpleasant, namely something that con- tains a positive or negative value. Sensual and theoretical value judgements If we have established a relationship between the processes of per- ception and value statements, then we have assumed a practical value judgement. However, to distinguish professional values from practi- cal ones, reference must be made to the distinction between sensual and theoretical value judgements. Interestingly, the latter concerns the eld of aesthetics – which cannot be separated from (value) ethics. The Polish philosopher Roman Ingarden (1893–1970) spoke of “aesthetic values” in various publications. He pointed out that “valuing” a per- ceived object does not result in theoretical judgement (compare Roman Ingarden: Erlebnis, Kunstwerk und Wert (Experience, art and value). Tübingen 1969). Instead it is part and the product of the aesthetic experience. To understand this, a distinction has to be drawn in our

Seitenübersicht